Das Bild zeigt die Vorderseite des Buchcovers von Spaces between us. Es ist auf einem Studer-Mischpult platziert. Links steht in Großbuchstaben das Wort Buchrezension. Das Bild enthält das Logo und Erkennungsmerkmale von Radio Darmstadt.

Buchrezension: Spaces Between Us von Emma Lindberg

Wer viele queere Bücher aus dem New Adult-Genre liest, kennt das Buch vielleicht schon. Die 312-Seiten lange Geschichte Spaces between us ist bereits im Juni 2023 bei Moon Notes, dem Paperback-Verlag von Oetinger erschienen. Die Autorin heißt Emma Lindberg, die es so nicht gibt, sondern das gemeinsame Pseudonym von Camilla und Ann-Kristin ist. In Spaces between us geht es um zwei Männer in ihren 20ern, die auf dem ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten, aber in einer WG leben und ziemlich schnell Interesse füreinander entwickeln.

Spaces between us: Ein Literaturstudent unter Ärzten

Damit ist das Buch ein ideales Beispiel für die New Adult-Genres „Enemies to lovers“ (dt.: Von Feinden zu Verliebten) oder Forced Proximity (sinngemäß: Erwzungene Nähe, hier unter anderem durch die WG). Das Besondere an Spaces between us ist, dass es nicht mal eine Handvoll Schauplätze gibt, wo der Großteil der Geschichte spielt. Tyren Oscar Bradford studiert Literatur und bricht damit die Tradition seiner Familie. Seine Mutter, sein Vater und seine älteren Geschwister Warren und Abigail Bradford haben Medizin studiert und arbeiten im Krankenhaus.

Diesen Bruch macht Tyren (kurz: Ty) später seinem Vater zum Vorwurf, dass er im Gegensatz zu seinen Geschwistern Miete zahlen muss, obwohl die Wohnung der Familie gehört. Ty verdient sein Geld in der idyllischen Buchhandlung mit Teeküche von Mr. Harris. Seine Arbeitskollegin und enge Freundin ist Elizabeth (genannt: Lizzy), die die Tochter des Inhabers ist.

Ein neuer Mitbewohner für Tyren

Um seine eigenen Mietkosten zu senken, hat Tyren die Wohnung zu einer WG gemacht. Der Mitbewohner ist allerdings schon seit einigen Wochen ausgezogen, weshalb er mehr oder weniger dringend jemand Neuen sucht. Jamain Preston lautet die Empfehlung seines früheren Mitbewohners; dieser wird’s auch. Jamain arbeitet einem Freizeitpark (genannt: Funpark), dessen Attraktionen nach Farben aufgeteilt sind. Im Funpark nimmt er jede nur verfügbare Extra-Schicht an.

Geprägt durch Vorurteile und einen Witz, der nicht als solcher aufgeklärt wird, gilt Jamain bei den Bradfords als Dieb, Alkohol- und Drogenabhängig. Tyrens Familie macht kein Geheimnis, was sie über Jamain denken; am wenigsten sein Vater, der viel lieber eine Frau an der Seite seines Sohnes hätte und den Ex-Freund; ein Kommilitone von Ty; immerhin geduldet hat.

Insider, die die ganze Geschichte begleiten

Zunächst bereut auch Tyren die Entscheidung für Jamain als seinen neuen Mitbewohner. Jamain lässt ihn fast eine ganze Autofahrt lang glauben, dass sie einen vollen Karton gestohlener Drogen durch die Stadt fahren statt zwei geklaute Meerschweinchen von Ethan. Übrigens, den Namen der beiden ändert Jamain von Nummer Eins und Nummer Zwei zu Kill und Bill, angelegt an den Actionfilm von Quentin Tarantino.

Während Tyren den Karton noch immer für Drogen hält, besticht er ihn mit fünf Kaffee mit Sojamilch. Dafür lasse er den Karton verschwinden. Natürlich tut Jamain das den Meerschweinchen nicht an, aber auf den Kaffee besteht er trotzdem. Die erste Tasse gibt Ty noch etwas widerwillig aus, doch im Laufe der Geschichte bringt er ihm selbstständig einen Kaffee zu Ende seiner Schicht im Funpark dabei.

Unterschiede: Stärke oder Schwäche?

Tyren ist ein Kopfmensch. Jamain versucht dennoch mit manchmal etwas unfairen Tricks die gewisse Spontanität aus ihm herauszulocken. Ein Beispiel ist die vage Aussage über die Gäste zum Dinner. Tyren plant mit vier Personen: Lizzy, Jamain, ein Freund von Jamain und er selbst, doch am Ende wird aus dem Dinner eine Hausparty mit über 20 Personen.

Es gibt also Momente, da ergänzen sich die beiden ideal. Gleichermaßen gibt es mindestens genauso viele Momente, wo die beiden sich selbst oder ihr Umfeld ihnen ihre vermeintlichen Unterschiede vorhalten.

Spaces between us von Emma Lindberg: Eine erwachsene „Coming-of-Age“-Geschichte

Spaces between us von Emma Lindberg passt einfach in das New Adult-Genre. Im Gegensatz zu anderen Büchern mit schwulen Protagonisten, die ich gelesen habe, ist Coming-Out gar kein Thema mehr. Auch wenn die Kokosnuss- und Vanillekondome ziemlich schnell Anwendung finden; leider zweckentfremdet als Luftballons; dauert es einige Kapitel ehe der erste Kuss fällt und nochmal einige Kapitel mehr bis sie – ich sag’ mal – den Körper des anderen so richtig ergründen können. Dann aber auch so plötzlich, leidenschaftlich und detailliert, dass ich nicht mehr zitieren kann.

Mir gefällt, dass sich Jamain und Tyren im Verlauf der Geschichte ähnlicher werden, als sie und ihr Umfeld sich zu Beginn eingestehen wollten. Beide haben insbesondere mit der Vater-Figur zu kämpfen. Einerseits Tyren, der denkt, dass er seinem Vater nicht genug ist, andererseits Jamain, der zum Selbstschutz vor den wechselnden Partnern seiner Mutter nie eine Vaterfigur an sich herangelassen hat. Während er Entscheidungen über sein Leben teilweise von einem Münzwurf abhängig macht, ist die Einkaufsliste für seine Mutter nach zum Beispiel Obst, Gemüse und Hygieneartikeln sortiert.

Mir gefallen auch die Insider, die die beiden untereinander entwickeln. Ein Beispiel ist da Zwei Wahrheiten – Eine Lüge. Das Konzept von dem Spiel ist selbsterklärend, denke ich. Ursprünglich eine Idee von Jamain, weil er so Ty seine Gefühlen gegenüber ihm beichten konnte, ohne es direkt aussprechen zu müssen.

Wenn ihr also neugierig seid, ob Tyren und Jamain ihre Unterschiede zu ihrer gemeinsamen Stärke machen können oder, ob die beiden an den Erwartungen anderer zerbrechen, findet ihr für 15 Euro heraus. So viel kostet das Buch in den Buchhandlungen und weil es noch immer die Erstauflage ist, sind die Seitenränder bunt designed. Wenn man dem Moon Notes-Verlag glaubt, dann „sprechen [unsere Titel] zwar meist junge Frauen an“, aber überall sonst wird es für ab 16 Jahren empfohlen.

*Die Buchrezension zu Spaces between us habe ich für Ganz schön queer bei Radio Darmstadt geschrieben. Du kannst die Sendung noch bis Montag, 10. März 2025 in der RadaR+7 Mediathek anhören.

**Transparenzbericht: Der Moon Notes-Verlag hat mir auf Anfrage das Buch als Rezensionsexemplar gesandt. Dennoch bin ich in meiner Arbeit völlig frei ohne Vorgaben seitens des Verlags gewesen. Moon Notes wird erst mit Besprechung des Buches in der Radio-Sendung bzw. nach Veröffentlichung dieses Artikels von meiner Meinung erfahren.

© Leon Ebersmann

Von Leon