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Was ist das Kollegengespräch?
Das Kollegengespräch zählt in Deutschland zu den meistgenutzten radiojournalistischen Elementen. Wenn ein Gespräch im Radio zwischen zwei Kollegen so locker, gar freundschaftlich klingt, steckt Vorbereitung dahinter. Beim Kollegengespräch nimmt der Moderator oftmals die Rolle der Hörer:innen ein während sich der Redakteur mit dem diskutierten Thema auskennt. Ein Kollegengespräch kann unterschiedlich komplex werden und darf auch kurze (!) O-Töne von Expert:innen beinhalten. Der Aufbau bleibt identisch.
Hier kannst du nun ein Kollegengespräch lesen, das ich für die Radio-Sendung Ganz schön queer bei Radio Darmstadt geschrieben habe.
Kollegengespräch: Inviting In statt Coming Out?
Anmoderation
Ganz egal, welchen Teil unseres kunterbunten Regenbogens wir auch abdecken, eine Sache eint uns alle: Das Coming Out. Zuerst das innere gegenüber uns selbst und dann die unzähligen Coming Outs bei der Familie, Freunden, Arbeitskollegen, im Verein oder überall sonst wo im Alltag. Aber braucht’s ein Coming Out noch im Jahr 2025? Leon, du hast da was Neues gefunden.
Erste Antwort
Stimmt und der Nachfolger, der das Coming Out nun ja out machen könnte, heißt Inviting In. Das Konzept stammt vom queeren US-Schriftsteller Darnell L. Moore und der Psychologin und Therapeutin Sekneh Hammoud-Beckett. Dabei ist das Inviting In gar nicht Mal so neu. Bei meinen Recherchen bin ich auf Artikel aus Herbst 2023 gestoßen.
Zwischenmoderation mit Frage
Aha, jetzt möchte ich es aber wissen: Was unterscheidet das Coming Out nun vom Inviting In?
Zweite Antwort
Das Stichwort ist Power, also sinngemäß übersetzt Macht. Es geht um eine Machtverschiebung von Queers und Nicht-Queers. Im englischsprachigen Raum wird das Coming Out gerne auch mal zu „Coming out of the closet“ verlängert. Wenn du dich also fürs Coming Out entscheidest, versteckst du dich fortan nicht mehr im sinnbildlichen Schrank. Wer sein umfassendes Coming Out hatte, könne nun ganz befreit leben und verleugne sich nicht mehr.
Beim Inviting In laden Queers vertraute Menschen ein, von ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität zu erfahren. Es geht darum, dass zum Beispiel Queers mit Migrationshintergrund ihre queere Identität nicht abgesprochen bekommen, nur weil sie sich gegenüber der Familie in der Heimat vielleicht nie outen werden. Außerdem müssen sich cis-hetero Menschen ja auch nicht rechtfertigen.
Zwischenmoderation mit Frage
Das stimmt, aber gibt es denn auch Kritiker des Inviting Ins?
Dritte Antwort
Ja, vor allem aktivistische Stimmen aus unserer Regenbogen-Community bewerten das als Rückschritt, wenn Queers nur selektiv ihr ich sag Mal „Coming Out“ haben. Auch wurde von Ratgebern das Inviting In bislang nicht beachtet. Stattdessen steht dort das Coming Out oftmals mit Mut und einer gewissen Notwendigkeit in Verbindung, wenn du als queere Person emanzipiert Leben möchtest.
Abmoderation
Inviting In statt Coming Out? Leon hat uns das neue Konzept vorgestellt. Die Idee dahinter kann ich nachvollziehen, ich find’s aber gleichzeitig irgendwie auch problematisch. Dazu gleich mehr nach zwei Songs hier bei Ganz schön queer.
*Das Kollegengespräch Inviting In statt Coming Out habe ich für Ganz schön queer bei Radio Darmstadt geschrieben. Du kannst die Sendung noch bis Montag, 13. Januar 2025 in der RadaR+7 Mediathek anhören.
© Leon Ebersmann