Buchrezension: Luis und Dima – Forever our beginning
Luis und Dima ist ein 381 Seiten-langer Liebesroman vom Autor Kai Spellmeier. Das Buch ist Ende Oktober vergangenen Jahres (2024) bei One; dem New Adult-Verlag von Bastei Lübbe; erschienen. Obwohl Kai Spellmeier nach meinen Recherchen deutschsprachig ist, hat der Roman mit Svantje Volkens eine Übersetzerin erhalten.
Inhaltsverzeichnis
Die Fountainbridger Weihnachtstraditionen in Luis und Dima
Die Geschichte von Luis und Dima spielt zur Weihnachtszeit; nämlich vom 01. Dezember bis kurz nach Mitternacht des 27. Dezembers; in dem gemütlichen Fountainbridge. Übrigens, das ist ein Stadtteil des schottischen Edinburghs, wo der Autor neben Berlin Literatur und Englisch studierte. Die „Fountainbridger“ haben zumindest hier in dem Roman eine sehr enge, fast schon verrückte Beziehung zu Weihnachten.
Das schließt auch die Familie Winter mit ein, die mit am längsten in diesem Stadtteil leben. Damit sind sie entsprechend angesehen, auch wenn die Winters finanziell zwar über die Runden kommen, aber zum Beispiel die Kleidung merkbar geflickt ist. Luis Winter ist der jüngste von drei Geschwistern. Er lebt gemeinsam mit seinem Vater Edgar (genannt: Eddi) und seinen Großeltern Heinz und Dora in dem Haus. Zur Weihnachtszeit sind ebenso sein Bruder Klaus und seine Schwester Mabel mit den; wie Luis sie nennt; „zwei T‘s“ Theodora und Tabitha mit von der Partie.
Luis‘ erste Begegnung mit Dima Sharapnova
Luis‘ Oma Dora kann nichts mehr sehen, denn ihre „Augen haben sie schon vor Jahrzehnten im Stich gelassen“. Dafür kann sie fast schon beängstigend gut hören und bemerkt, wie der Schlüssel in das Türschloss des leerstehenden Hauses nebenan gesteckt wird. Dora befiehlt der Familie sich bei den neuen Nachbarn vorzustellen. Das ist Luis‘ erster Kontakt mit Bianca Sharapnova und ihrem Sohn Dima, die aus Rumänien nun hierhergezogen sind.
Später wird Dima in der Schule eine Klassenstufe über ihm sein. Dima blieb aber in dieser Situation eher wortkarg und doch hat die Begegnung etwas in Luis ausgelöst: „[S]ein Herzschlag […] ist schneller als sonst, aber nicht wie ein erhöhter Puls beim Schwimmen. […] Es ist ein Herzschlag von jemandem, der sich in jemanden verliebt, dem er gerade erst begegnet ist.“ Schon für diese Beschreibung hat sich Dora zu meiner Lieblingsfigur entwickelt.
Luis und Dima: Zwischen Weihnachtscrashkurs und genderneutralen Toiletten
Im Verlauf der Geschichte schafft es Luis, sich mit Dima anzufreunden, der sich auf einen Weihnachtscrashkurs einlässt. Nahezu täglich lernt da Dima eine neue Fountainbridger Weihnachtstradition kennen. Sei es das Karaoke Singen, wo Luis auf seinen Ex stößt, das Nussknacker-Designen, der spicy Büchertausch bei Kobi oder das Schwimmen im See. Alles in allem ganz viele Möglichkeiten, dass sich die Jungs noch näherkommen können; auf einer romantischen Ebene.
Luis lebt offen schwul. Da ist es wenig überraschend, dass sich seine Freunde Hannah und Alec mit ihm für eine Queer-AG und genderneutrale Toiletten an der Schule einsetzen. Dima hingegen steckt noch in einer Phase zwischen innerem und äußerem Coming-Out und nur weil Luis schwul ist, woher weiß er, dass Luis gerade auf ihn steht? Dima hat Angst, denn seit er bei seiner Abschiedsfeier in Rumänien einen anderen Jungen geküsst hat, blockt ihn sein ehemals bester Freund Gabriel überall ab.
Luis und Dima: Bekannte Storyline und doch irgendwie anders
„Luis und Dima“ ist also eine Geschichte zweier Teenager, die für uns als Leserinnen und Leser schon von Anfang an zusammengehören, während die Protagonisten noch einige Ehrenrunden mehr benötigen, um das zu verstehen. Dabei gefällt es mir, dass eben nicht nur die typische schwule Teenager-Liebesstory erzählt wird: Boy 1, geoutet und eher unscheinbar verliebt sich in den unerreichbar scheinenden Boy 2, der noch vor dem äußeren Coming-Out oder gar in dem inneren Coming-Out steckt.
Ich finde es positiv, dass Luis eine Persönlichkeitsentwicklung durchmacht, die ihn mitnichten blind vor seiner Liebe zu Dima macht. Auch wenn die Zielgruppe von Luis und Dima eher wir schwulen Queers sein werden, hält die Story die Balance zwischen Repräsentation und Realität. Es werden Themen angerissen, wie eben die genderneutralen Toiletten, Safe Spaces, Konsens oder queer im Alter und auch … ja, Coming-Out gehört auch dazu, aber eben nicht im unrealistisch, übertriebenen Maße.
Wer bis zum Ende liest, versteht dann auch die scheinbaren Nebenschauplätze mit ihren Details oder weiß, was der Untertitel von Luis und Dima – Forever our beginning bedeutet. Die Tage; also erster Dezember bis 27. Dezember; sind hier die Kapitel und schreiben fortlaufend abwechselnd aus der Perspektive von den beiden, auch wenn eigentlich ein auktorialer Erzähler die Storyline erzählt. Ähnlich, aber auch anders zu Secondhand Toyfried, ein Buch auf dessen Teil zwei ich mich im Sommer freue.
Wenn es etwas gibt, das ich zu kritisieren habe, dann ist es das Wort „bedeutet“, das ich für meinen Geschmack viel zu häufig lesen musste, womit es leider auch meinen Lesefluss gestört hat. Womöglich ist das der Übersetzung geschuldet, denn „bedeutet“ wurde hier im Kontext von bspw. „fordert auf“ oder „befiehlt“ genutzt.
Luis und Dima: Ein liebevoller Einstieg ins New Adult-Genre
Dennoch fällt insgesamt mein Fazit zu Luis und Dima – Forever our beginning von Kai Spellmeier positiv aus. In den Buchhandlungen startet das empfohlene Lesealter bei 14 Jahren. Darüber hinaus gilt: Alle, die sich mit einer Teenager-Lovestory wohlfühlen, die absatzweise auch Mal unter die Kleidung und an die Haut geht. Das aber in einem Schreibstil, der weniger die sexuelle Komponente, sondern das Gefühl der Intimität zwischen zwei Personen in den Vordergrund stellt. Wer, was Weihnachten angeht, eher mit dem Grinch sympathisiert, sollte hiervon lieber die Finger lassen.
Für alle anderen: Auch wenn die Begegnungen von Luis und Dima in der Weihnachtszeit stattfinden und das Buch dementsprechend aufgebaut ist, hatte ich ebenso im Januar ordentlich Lesespaß damit. Für 15 Euro bekommt ihr eure Ausgabe von Luis und Dima in der Erstauflage mit; wie es bei New Adult wohl üblich ist; bedruckten Seitenrändern und Page-Overlay; eine halbtransparente Folie mit einem Design passend zur Geschichte.
*Die Buchrezension zu Luis und Dima – Forever our beginning habe ich für Ganz schön queer bei Radio Darmstadt geschrieben. Du kannst die Sendung noch bis Montag, 10. Februar 2025 in der RadaR+7 Mediathek anhören.
© Leon Ebersmann