Bild zeigt das Verkehrszeichen für einen Parkplatz. Dort ist das Zusatzzeichen für Fahrzeuge der Elektromobilität abgebildet.

Elektromobilität im ÖPNV

Sowohl durch meine Recherche als auch durch die Gespräche mit Johannes Froese, Lennart Sauerwald, Werner Laber und Stephan Rinderknecht habe ich gelernt, dass die Antwort auf meine Frage wesentlich vielschichtiger ist als ich mir hätte eingangs vorstellen können; eine Einteilung à la gut und böse wird dem nicht gerecht. Das beginnt bereits dabei, dass Elektromobilität mehr als nur batterieelektrische Mobilität ist; schließlich sind Wasserstofffahrzeuge auch elektrisch unterwegs.

1. Erkenntnis: Fahrzeuge bewegen sich nicht (mehr) in einem luftleeren Raum.

Ein Fahrzeug – ganz egal, ob privater Pkw oder Omnibus – wird nicht mehr nur ein Objekt sein, womit Personen von A nach B reisen. Aufgrund unterschiedlicher Kraftstoffarten samt ihren Vorzügen und Tücken und damit die jeweilige Antriebsart ihr volles Potenzial entfalten kann, müssen Privatleute und Unternehmen ihr Nutzungsprofil – den Bedarf in Hinsicht auf die Mobilität – kennen. Was davon einfacher definiert werden kann – und gleichzeitig noch die meisten Eventualitäten abdeckt – kann ich nicht beurteilen. Fakt ist, dass die Änderung einer gesamten Busflotte wesentlich weitreichendere Folgen haben kann; und damit zurück zum Thema.

2. Erkenntnis: Erfolg ist silber; Misserfolg ist gold.

Ich erachte die Experimentierfreudigkeit der Unternehmen als löblich. Solche Erfahrungen sind wichtig, denn nur wenig andere Unternehmen und Branchen haben so gegensätzliche Ansprüche an ihre Fahrzeuge und kennen die Situation auf den Straßen so detailliert: kurze Strecken, lange Strecken, Strecken mit Höhenunterschied, häufiges An- und Abfahren, enge Straßen, breite Straßen, usw. Neben Bussen fielen mir lediglich LKWs ein, die noch mehr Zeit auf unseren Straßen verbringen.

Auch wenn ich während der Interviews mehrfach Bezug auf das gescheiterte Wasserstoff-Projekt der ESWE-Verkehr nahm, hatte das zu keinem Zeitpunkt die allgemeine Belustigung als Hintergrund. Die Erkenntnis bezüglich zu kleiner Busse und der anhaltende Ärger um die Wasserstofftankstelle war für das Wiesbadener Unternehmen nicht günstig, doch das daraus resultierende Learning ist auch über die Stadtgrenzen hinaus wertvoll. Selbst wenn das Projekt Wasserstoff-Bus ein Erfolg gewesen wäre, hätten andere Unternehmen das Konzept nicht 1:1 übernehmen können, denn das Nutzungsprofil in Wiesbaden hat andere Grundlagen als in Darmstadt, z.B. die Ladeinfrastruktur.

3. Erkenntnis: Verbesserung des Strommix

Dass Busse nicht ohne Weiteres aufgrund der Gestaltung des Stromflusses die Oberleitungen der Straßenbahn benutzen können, weiß ich nun auch. Vielleicht müssen sie das im Sinne der Ausfallsicherheit auch gar nicht. Ich kann mir vorstellen, dass wenig ausgelastete – nicht verwechseln mit überlastete – Infrastruktur wartungsärmer sowie ressourcenschonender ist und das Stadtbild weniger beeinträchtigt. Ob durch das Depotladen per se mehr Fahrzeuge bereitstehen müssen, kann sich teils von Linie zu Linie unterscheiden.

Alternativ können Verkehrsbetriebe auf Erdgas- oder Hybridfahrzeuge zurückgreifen. Welche Form des Hybrides; ob Verbrenner und batterieelektrisch oder Wasserstoff-Batterie-elektrisch wie mit Stephan Rinderknecht besprochen, sei dahingestellt. In der nächsten Ausschreibungsphase werden Verkehrsunternehmen vermehrt auf die Bezeichnung lokal emissionsfrei stoßen. Das heißt, dass die Fahrzeuge an Ort und Stelle keine Emissionen durch die Verbrennung eines Kraftstoffs an die Umwelt abgegeben. Fakt ist, dass unser Strommix noch nicht so nachhaltig ist wie er sein könnte. Allerdings sollte das kein Grund sein, um den batteriebetriebenen Motor auf Ewig zu verteufeln. Andernfalls müssten wir Straßenbahnen und großen Teilen des Zugverkehrs den Rücken kehren.

4. Erkenntnis: Reichweite als Nachteil der Elektromobilität … und weiter?

Der Fokus dieser Recherche galt vorrangig den Antriebsarten selbst. Daher habe ich die Kontroversen um die Produktion der Batterien bewusst ausgelassen. Bleibt noch die vermeintlich geringere Reichweite als letzter Kritikpunkt über. Mehr Reichweite liest sich auf dem Papier besser. Bloß frage ich mich, wie häufig – insbesondere im privaten Bereich – die Tankladung auf einmal leergefahren wird. Ein größerer Akku und mehr Reichweite lesen sich auf dem Papier gut, doch wird das nur selten ausgeschöpft, dann wird durch den schwereren Akku mehr Energie pro Strecke benötigt. Ich frage mich, ob wir bereits auf einem guten Weg sind, wenn die einzige bzw. lauteste Kritik die geringere Reichweite ist; noch.

Die vollständige Radio-Sendung „Elektromobilität im ÖPNV“ gibt es als Podcast-Episode in der Click Audiothek.

© Leon Ebersmann

Von Leon