Nacht der Ausbildung Darmstadt: Für alle Menschen DA, wirklich für alle!

Für die Nacht der Ausbildung geben Ausbildungsbetriebe einen Abend lang einen Einblick in ihr Unternehmen. Das Angebot richtet sich primär an Jugendliche und junge Erwachsene, die auf ihrem Karriereweg noch unentschlossen sind oder sich neu orientieren möchten. Allerdings werden auch deren Familien sowie interessierte Gäste willkommen geheißen. Die Nacht der Ausbildung gibt es in vielen deutschen Groß- und Kleinstädten; hier in Darmstadt wird sie vom Unternehmerverband Südhessen e.V. organisiert. Abgesehen von den durch die Corona-Pandemie geprägten Jahren ist die Nacht der Ausbildung eine jährliche Veranstaltung.

In diesem Jahr fand die Darmstädter Nacht der Ausbildung am 10. März von 17:00 Uhr bis 22:00 Uhr statt. An dem Event haben sich 16 Ausbildungsstätten beteiligt, die sich grob in folgende Kategorien einordnen lassen: Pflege und Gesundheit, Geld und Finanzen, Mobilität, Nah- und Fernverkehr, Chemie, IT, Lebensmittel und Grundversorgung. Vor dem Hintergrund, dass sich die Unternehmen nicht in einer zentralen Location – wie dem Darmstadtium – präsentieren, sondern bei sich vor Ort, wurde eine kostenlose „Nacht der Ausbildung“-Buslinie angeboten. Auch wenn man prinzipiell an jeder Station starten könnte, war es wichtig mit dem Luisenplatz oder Böllenfalltor zwei zentrale Anlaufstellen zu haben, denn manche Halte – beispielhaft das Kompetenzzentrum der DB – waren irgendwo im Nirgendwo.

Die Ruhe nach dem (An)Sturm

Folglich war der Ansturm auf den Shuttle-Service an den zentralen Haltepunkten zu Beginn sehr groß. Das legte sich nach den ersten Stationen sowie später mit voranschreitender Uhrzeit. Deswegen hätte ich die Nacht der Ausbildung auf 16:00 Uhr oder gar 15:00 Uhr vorgezogen; auch weil freitags in vielen Unternehmen nur halbtags bis 13:00 Uhr gearbeitet wird. Andererseits argumentierte ein Junge gegenüber seiner Mutter im Shuttle-Bus, dass die Veranstaltung viel länger dauern müsste; schließlich stehe da ein „Nacht“ im Namen.

Ausbildung: Vom Suchen und Finden

Wer die Nacht der Ausbildung besucht, tut es aus drei wesentlichen Gründen. Die Mehrheit sucht für sich oder den Nachwuchs nach einer geeigneten Ausbildung; unabhängig, ob die Ideen mehr oder weniger konkret gefasst sind. Ein kleinerer Teil – meistens Schüler:innen – suchen nach einem Platz für ein Praktikum. Die letzte Gruppe bilden an den Berufen interessierte Menschen; darunter fallen auch wir als Reporter. Durch Gespräche mit einigen Gästen habe ich herausgefunden, dass große und in der Region etablierte Unternehmen eher ausgewählt werden. Das hat zweierlei Gründe. Einerseits ist die Gefahr geringer, dass man plötzlich ohne Verdienst und ohne eine abgeschlossene Aubsildung auf der Straße steht. Andererseits bieten Unternehmen mit mehreren Zweigstellen – eventuell weltweit verteilt – eher die Option zwischen den Standorten zu wechseln oder sich innerhalb des Unternehmens umzuorientieren; Stichwort: vom Bürokaufmann zum Gastronom wie bei Merck.

Auf der anderen Seite befinden sich die Ausbildungsstätten. Das Problem, dass sich Nachwuchs nur schwer finden lässt, ist noch allgegenwärtig. Zumindest nennt Markus Rostock es eine Herausforderung, dass Merck jährlich ca. 250 Ausbildungsplätze belegt haben möchte.

Nacht der Ausbildung: Für Schüler:innen .. und alle Darmstädter:innen

Obwohl ich definitiv nicht zur Zielgruppe der Nacht der Ausbildung gehöre, hatte ich an dem Abend viel Spaß. Auch wenn die aktuelle Stufe auf meiner persönlichen Karrieretreppe das Studium ist, begrüße ich, dass durch Veranstaltungen wie diese die Ausbildung wieder mehr gefeiert wird. Zumindest mir gegenüber haben die Personen aus den Betrieben so gewirkt, als würden sie ihre Arbeit gerne machen und bereuen keineswegs ihre Entscheidung für die Ausbildung.

Ohne das Kompetenzzentrum der DB hätte ich nicht gewusst, dass ein ICE fahrtechnisch gar nicht die Königsklasse ist, weil die Schienenfahrzeuge ab 160km/h nahezu selbstständig fahren oder, dass es den Beruf des Gleismechanikers gibt. Außerdem gab es einen Crashkurs vom mechanischen bis hin zum elektrischen Stellwerk. Leider kann ich den Farbcode in den Stellwerken nicht mehr reproduzieren, sonst könnte ich nun mit Fachwissen glänzen. Sei es drum; mein eigentliches Ziel waren die Lötkolben bei Evonik. Laut Durchsage und Anzeige im Shuttle-Bus bin ich bei der Haltestelle Evonik ausgestiegen, doch dann landete ich bei der DB. Mein Kollege Philip Lindenblatt wollte ebenfalls Evonik besuchen und entdeckte letztendlich die Sparkasse.

Kritik: Ausbaufähiger Shuttle-Service

Allgemein ist der Shuttle-Service mein größter Kritikpunkt. Laut der Organisation kann man bis zu vier Stationen an einem Abend besuchen. Das klingt wenig, doch mehr lässt sich nicht realisieren. Einerseits, weil Gäste viel Zeit bei den Unternehmen vor Ort verbringen werden und andererseits, weil die Fahrtzeit nicht unterschätzt werden darf. Ein Beispiel: Von der DB zur Sparkasse am Luisenplatz war ich etwas über 40 Minuten unterwegs. Ob ein dichterer Takt, eine andere Routengestaltung oder Express-Linien die Lösung sind, kann ich nicht fundiert beurteilen.

Kritik: Ein gutes, aber nicht gigantisches Angebot

Die Menge des Angebots ist zufriedenstellend. Dennoch musste eine Auswahl getroffen werden, sodass folglich nicht alle Ausbildungsmöglichkeiten vertreten sind. Hier wäre eine Ausweitung des Angebots nach dem Vorbild des „Türen-auf-mit-der-Maus„-Events nützlich. Dabei ist mir bewusst, dass sich ein Shuttle-Service noch schwieriger planen lässt. Eine Alternative könnte das Zusammenkommen an einer zentralen Location sein, doch damit würde der Charme der Nacht der Ausbildung verloren gehen.

Alles in allem freue ich mich schon jetzt auf Frühjahr 2024, um als Reporter für das nicht-kommerzielle Lokalradio Radio Darmstadt von der Nacht der Ausbildung erneut berichten zu können.

©️ Leon Ebersmann

Von Leon